streetlife

Exploring Durban

Zurück von meiner großen Reise in den Krüger Nationalpark, ging ich diese Woche noch einmal auf Entdeckungstour in meiner momentanen Heimat-Stadt. Mandy, eine Klassenkameradin von mir, nahm mich mit in wirklich „Afrikanische Gefilde“, sodass ich auch mal „the other side of Durban“ erleben durfte.

Am Dienstag lud sie mich ein, zu ihr auf den „Early Morning Market“ zu kommen, wo sie bei einer Ausstellung zum Thema „The Other Durban“ arbeitete. Da ich Lust auf Unternehmungen hatte, machte ich mich auf den Weg. Der eigentliche Plan war, dass ich mich mit ihr am Ende des Steve Biko Campus der DUT treffe und wir dann gemeinsam durch die Market Area bis zur Halle des Early Morning Market (EMM) gehen. Allerdings war sie etwas spät dran, sodass sie meinte ich solle schonmal ein Stück in Richtung  Market Area gehen – ein Gebiet von dem ich wusste, dass es nicht gerade zu den sichersten zählt. Ich durchquerte also den Parkplatz auf dem alle Minibusse hielten, wartete dann aber an einem der vielen Obst-Stände, da selbst die Einheimischen mir davon abrieten mich hier alleine als Weiße zu bewegen. Es war wirklich ein wuseliges Gebiet mit den ganzen Minibussen, Händlern und Passanten und richtig wohl fühlte ich mich hier nicht. Zum Glück kam Mandy bald darauf und mit ihr zusammen durchquerte ich das Gebiet (und den chaotischen Verkehr!) und ging in die Markthalle.

Der Early Morning Market ist einer der ältesten und traditionsreichsten Märkte Durbans und wurde bereits 1910 in der Victoria Street gegründet, bevor er 24 Jahre später durch die weiße Regierung in die Warwick Avenue umgesiedelt wurde. Weil es keine richtigen Marktstände gab, wurde er „Squatter’s Market“ genannt, da die Händler hinter ihren Waren hocken mussten. Seit jeher verkaufen hier Farmer (vor allem indische) ihre frischen und organischen Produkte aus der Region. Manche Zeitzeugen erinnern sich daran als Kinder mit Pferdewagons aus dem Umland um 2 Uhr in der Nacht mit ihren Eltern hierhergekommen zu sein, um dann ab 4 oder 5 Uhr ihr Obst und Gemüse anzubieten…

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Obst- und Gemüsestand auf dem EMM

Dass der Markt bis heute überlebte ist keine Selbstverständlichkeit und vor allem dem beherzten Widerstand der Marktfrauen und -männer zu verdanken, die dafür kämpften, dass Ihnen dieser Markt als Einkommensquelle erhalten blieb, denn es gab während der Zeit der Apartheid, aber auch 2009 viele Versuche ihn zu verbieten, um zu erreichen, dass die Menschen eher bei weißen Händlern einkauften….
Noch heute handeln über 2000 Leute an über 670 Ständen hier, sodass er weiterhin eine wichtige Einkommensquelle darstellt. Dennoch ist seine Zukunft alles andere als sicher, da die Stadt eine Shopping Mall an seiner Stelle plant, was sicher der Grund für weitere Proteste sein wird.

Am Mittwoch (24.9.) war Heritage Day – ein Nationaler Feiertag, um die unterschiedlichsten Herkünfte und Traditionen der südafrikanischen Bevölkerung zu feiern – zu dessen Anlass in der Halle des EMM ein kunterbuntes Fest stattfand, um das lange Bestehen des Marktes trotz aller widrigen Umstände zu feiern. Bei den Feierlichkeiten haben mir besonders die vielen traditionellen Tanzgruppen gefallen – ob indisch oder zulu. Es hat einfach Spaß gemacht zuzuschauen und zu sehen, wie das ganze Publikum sich zum Tanzen und Singen mitreißen ließ! 🙂 Typisch afrikanisch eben, denn Musik und Tanz sind einfach wichtige Elemente der einheimischen Kultur!

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Am Donnerstag nahm mich Mandy dann mit auf den Victoria Street Market, einen der bekanntesten (aber auch touristischsten!) Märkte. Der Markt selber befindet sich in einem Gebäude mit kleinen individuellen Läden, in denen man Schmuck, Gewürze, Kunsthandwerk und alle möglichen Souvenirs erstehen kann. Auch er hat eine durchwachsene Vergangenheit: die ursprünglichen Händler waren Inder, die  zwischen 1860 und 1910 auf der Victoria Street handelten. Als der Markt 1973 für den Bau einer Bundesstraße beseitigt werden sollte (unter Protest der indischen Händler), brannte die Markthalle unter verdächtigen Umständen ab, sodass die Händler bis 1990 in die Buld Sales Hall umsiedelten mussten, wo der Markt als „Durban Indian Market“ bekannt war. Die Besonderheit daran war die friedliche Koexistenz neben dem Afrikanischen Markt, sodass an dieser Stelle trotz der ansonsten segregierten Gesellschaft von einem „melting pot“ der Kulturen und einem harmonischen Zusammenleben gesprochen werden konnte.

Der Victoria Market

Der Victoria Market

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kuriose Sandsteine

Klopapier

Klopapier und Handtücher für 2 Rand (14 Cent!)

Da der Markt heute (wieder an seiner ursprünglichen Location) eine haupt Touristenattraktion ist, war der Weg dorthin eigentlich viel spannender, denn an diesen typischen Straßenverkäufer-Ständen findet sich schon so manche kuriose Sachen! 😉 An einigen Ständen gab es zum Beispiel Sandsteine zu kaufen, zu denen mir Mandy erklärte, dass das Pulver der hellen als Sonnenschutz verwendet wird, während die braunen gegessen werden! Als ich fragte wozu, meinte sie, dass es eigentlich gar keinen Nutzen hätte, sondern sogar Magengeschwüre oder -steine auslösen würde, aber eben Tradition sei…Daneben gab es auch noch kleine Tütchen mit buntem Pulver oder Fläschchen mit bunten Gebräuen – wohl auch alles das Werk sogenannter „traditional healer“! 😉 Achso, halbwegs „normale“ Dinge konnte man hier auch kaufen: es gab unzählige Stände mit Handtüchern, Kosmetikartikeln, Putzlappen und sogar Klopapier, wofür man gut 2 Rand (0,14€!) investieren muss! 😉

Am Nachmittag verließen Mandy und ich dann die City und sie nahm mich mit in ihr Township, den Vorort „Umlazi“. Mit dem Minibus (wie auch sonst? ;-)) ging es aus Durban raus und mein erster Eindruck fiel anders als erwartet sehr positiv aus. Wenn man in die Gegend reinfuhr kam es einem zunächst wie eine ruhige, ordentliche Nachbarschaft vor – ganz anders als das hektische Leben in der Stadt. Klar, man merkte auch hier schon beim durchfahren, dass man sich in Afrika befand, da am Straßenrand lauter Wellblechhütten oder Bauwagen standen, die entweder Kiosk oder auch z.B. Friseurläden waren, aber dennoch schien es auf den ersten Blick wie eine sehr familiäre Gegend, was mir Mandy später auch bestätigte. Innerhalb des Townships gibt es dann aber große Unterschiede was den Wohlstand der Leute angeht. Manche Häuser sind wirklich schön, vergleichsweise groß und haben sogar eineng gepflegten Vorgarten, während andere nur Holz- oder Wellblechhütten sind. Daneben gab es auch die von der Regierung zur Verfügung gestellten Häuser, die man daran erkennt, dass sie alle gleich aussehen: viereckig und gleichfarbig (weshalb sie auch „matchbox houses“ genannt werden). Sie werden meist gebaut, um die sog. „informal settlements“ – also Siedlungen aus Wellblechhütten – umzusiedeln.

Mandy nahm mich mit zu ihren Verwandten, die zu fünft in einer kleinen Holzhütte wohnten. Obwohl es Strom, fließendes Wasser, ein Abwassersystem und sogar einen modernen Fernseher (!) gab, war es doch ganz schön schockierend zu sehen, in welch einfachen Verhältnissen viele Menschen hier wohnten…Gleichzeitig sind sie aber wiederum so nett und gastfreundlich, dass sie selbst das bisschen was sie haben mit dir teilen würden! Ich lernte Mandys Cousinen kennen und bevor wir weitergingen boten sie mir noch an eine Art Kautabak zu probieren (sie waren „traditional healer“), was ich aber dann doch dankend ablehnte… 😉

Zum Abschluss des Tages probierte ich dann noch einen typische Snack, einen sogenannten „Fat Cookie“ oder „Amagwinya“ auf Zulu. Das ist eine Art Berliner, also eine frittierte Teigkugel, die dann mit Käse und Wurst belegt gegessen wird (da der Teig an sich sehr süß ist, schmeckte sie mir ohne Belag jedoch besser!). Kostenpunkt: 2 Rand (14 Cent!) und sehr sättigend!

Trotz der Gastfreundschaft der Menschen und Mandys Begleitung fühlte ich mich hier im Township, das ausschließlich von Schwarzen bewohnt wird, etwas komisch und wie ein Fremder. Schließlich war ich die einzige Weiße weit und breit. Ich wurde von fast jedem, den ich auf der Straße traf angesprochen, was zwar freundlich war, aber auch dazu führte, dass ich mir wie eine kleine Attraktion vorkam, da ich hier eigentlich nicht hingehörte….In diesem Sinne merkt man hier doch noch eine klare Trennung von Schwarz und Weiß auch 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid. Denn auch im Jahr 2014 vermischen sich Schwarze und Weiße im Alltag doch eher selten und es wird wohl auch noch eine Zeit dauern bis sich das ändert.